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Regenbogenberge

Unsere Route zum Geopark „Regenbogenberge“ in Gansu hat wieder zwei Alternativen a) wenig Autobahn dafür büschn länger b) Autobahn und man weiß was man bekommt. Wir fahren auf Route A. Nagelneue Strasse, leider mit 70 km/h Begrenzung und einer Messung des Tempodurchschnitts. Das bedeutet, wenn man an Kamera 1 oder Kamera 2 genau 70 km/h fährt bekommt man zwar kein Foto aber dennoch einen Strafzettel, da man vielleicht zwischendurch ordentlich Gas gegeben hat. Die benötigte Zeit für die Strecke zwischen den beiden Kameras ist einfach zu kurz. Egal eigentlich, denn kurz vor Kamera 2 stehen erst einmal sichtbar zwei LKW auf der Strasse. Wir können nicht vorbei, weil uns bestimmt 20 LKW entgegenkommen. Wiebke steigt aus und schaut – es seien bestimmt mehr als 100 LKW in unserer Warteschlange. Genau könne sie das nicht sagen, denn die Warteschlange verschwindet am Horizont. Wir wenden „China-Style“ und nehmen die Route B. Diese ist nicht minder schön – an den schönsten Stellen dürfen wir keine Fotos mehr machen oder gar anhalten, da wir durch militärisches Sperrgebiet fahren. Auch an den Mauthäuschen sitzt nun immer noch mindestens eine uniformierte Person hinter der kassierenden Person. Ansonsten bleiben wir unbehelligt. Wir überqueren ein Gebirge und damit die Grenze zwischen der Inneren Mongolei und Gansu – merkt man spätestens, wenn man die freundliche Dame and der Maut-Kasse in lokaler Tracht sieht 😊. Plötzlich ist alles grün, mit Wasser wird regelrecht verschwenderisch umgegangen und es gibt wieder viele Autos auf der Autobahn. Und in so ziemlich jedem sitzt ein schlechter Fahrer. Das war in der Inneren Mongolei anders – also alles, vom Fahrstil bis zum Wasser.

Rocket science

Übrigens, eigentlich wollten wir heute früh am Morgen losfahren. Wir werden kurz nach der Abfahrt von einem Soldaten abgefangen, bei dem ein Typ in dunkler, schlichter Jacke steht -das triggert Wiebke. Sie sagt spontan: na toll, sind das jetzt unsere Aufpasser?! Der Soldat fragt, wohin wir wollen und spricht dann eine Weile über das Walkie-Talkie. Währenddessen kommt der andere bei uns ans Fenster und fragt interessiert wer wir sind. Wir fragen, was hier los ist und er gibt uns zu verstehen, dass etwas in die Luft geschossen werden soll. Jetzt fällt der Groschen bei mir. Vorgestern bei unserer Ankunft habe ich drei mobile Startrampen für Raketen gesehen und einen Reisebus. Ich dachte: na toll, da haben die ein Naturpark und müssen jedem, der es nicht wissen will, erklären was für tolles Militär-Equipment sie haben. Im Sinne eines Museum – das Panzermuseum in Munster fällt mir da grad ein. Also kein Museum und die Soldaten sind echt. So auch der, der uns eben den Weg versperrt hat. Er kommt zurück und bittet uns höflich und zum Teil in Englisch (als er zurückkam, sagte er noch zu dem anderen Typen: wie erkläre ich es denen nun, die verstehen doch nix), dass wir bitte eine Stunde auf unserem Campingplatz warten sollen. Dann können wir weiter. Wir machen ein sehr spartanisches Frühstück und sitzen mit unseren Campingstühlen mit Blickrichtung zur Startrampe. Dann um 9 Uhr sieht man eine Rakete auf einem Feuerstrahl reiten. Kurz danach wird etwas abgesprengt und sie düst mit einem Affenzahn in den Himmel. Mir kommt das komisch vor, denn es das alles geschieht in völliger STILLE. Und so weit waren die Startrampen nicht entfernt… Dann, quasi mitten in diesen Gedanken, bricht die akustische Hölle über uns herein. Ich muss zugeben, ich habe Wiebke bestimmt ebenso geschockt angeschaut wie sie mich. Nie zuvor habe ich eine solch Lautstärke und im weiteren Verlauf ihres Fluges ein so unheimliches Geräusch wahrgenommen. Es folgen in Abständen von 10 Minuten zwei weitere Raketen. Was für ein Spektakel!! Ich persönlich hätte mich aber gefreut, wenn die Überschall-Raketen ein wenig weiter entfernt von uns getestet worden wären. Wenn die sich beim Start als „Rohrkrepierer“ entpuppt und in unserer Richtung abgedreht hätten – könnten wir maximal noch ein „huch“ herausbekommen. Alle drei Raketen hatten übrigens eine „scharfe“ Ladung. Wir konnten gut drei Minuten nach dem Start eine Detonation hören – sehr weit entfernt.

Der Geopark ist etwas größeres in jeder Hinsicht. AAAAA-Rating sowieso und alles was dazugehört. Als Teil der UNESCO-gelisteten Geoparks wurde dieser aber tatsächlich schön hergerichtet und ist extrem effizient organisiert. Nach so langer Zeit in Einsamkeit, bin ich völlig irritiert von den Menschenmengen und dem Trubel überall. Eigentlich ist es aber sehr leer, an keinem Shuttlebus müssen wir warten. Wir kaufen unser Ticket, springen in den Bus und genießen die Aussicht. An verschieden Punkten kann man auf Aussichtsplattformen steigen und kleine Rundwege gehen. Die letzte Station der Tour ist berühmt für ihre schöne Szenerie beim Sonnenuntergang. Folglich finden wir auch hier die meisten der anderen Touristen – und auch eine Bühne mit viel Tamm-Tamm, einen Heißluftballon, der am Seil rauf- und runtergelassen wird usw.. Aber auch hier ist es sonst seeehr viel voller. Wir essen heute am Ende der Tour bei KFC – ja, ernsthaft, in China kann man das machen. Hühnchen geht quasi immer.

Für die kommende Nacht wollen wir irgendwo in der Nähe unseres morgigen Zieles stehen, werden während der Fahrt aber von der schönen Landschaft abgelenkt und beschließen hier nach einem Plätzchen zu suchen. Die kleine Schotterpiste sieht interessant aus, sagen wir beide mehr oder weniger gleichzeitig. Rein da. Wir merken recht schnell, dass wir in einem trockenen Flussbett fahren. Da wollen wir natürlich nicht drin stehen. Zurück geht aber erst, wenn ich dieses Schiff wenden konnte – das will ich allerdings nicht im losen Schotter, da würden wir uns nur festfahren. Die Landschaft, die sich uns zeigt ist grandios, wir kommen aus dem Staunen nicht heraus. Ein Ende oder ein Ziel des Weges ist auf dem Satellitenbild in der Navi-App nicht zu sehen. Der Weg ist in einem erstaunlich gutem Zustand, zu gut für eine sporadische Nutzung. Ich möchte Bilder von der schönen Landschaft machen und halte an. Gerade ausgestiegen wundere ich mich über das laute tiefe donnernde Grollen – mir stellen sich die Nackenhaare auf. Man hört ja oft genug von gebrochenen Staudämmen 😱! Nun, Entwarnung, da ich das hier schreibe, wird es wohl nicht die Flutwelle gewesen sein. Von hinten nähert sich sehr schnell, in eine gigantische Staubwolke gehüllt, ein riesiger fünf-achsiger Muldenkipper. Der Fahrer muss definitiv an seiner Selbstwahrnehmung arbeiten, denn nun hupt der Typ auch noch mit dem Druckluft-Horn – ernsthaft?! Idiot! Ich springe wie ein getretenes Huhn ins Auto und wir fahren dem Derwisch davon, bis wir eine kleine „Boxengasse“ mit festem Boden sichten. Der Verrückte im LKW kann vorbei. Wir sind jetzt aber neugierig und fahren ihm hinterher, bis wir auf ca. 2.100 Meter Höhen gelegen eine sehr schöne Stelle zum Schlafen direkt neben der Schotterpiste finden. Das Ziel des LKW, bleibt somit unbekannt. Irgendwann kommt ein Auto vom Berg herunter- wir denken es sei der verrückte Fahrer des LKW auf seinem Weg zum Feierabendbier und wir würden ab jetzt Ruhe für die Nacht haben. Nope, es kommen noch fünf weitere LKW hinauf und ein wenig später kommen alle sechs wieder herunter. Dann kommen wieder welche herauf und so weiter und so fort. Die letzte Kolonne kommt gegen 22:30 Uhr schwer beladen den Berg herunter gekrochen. Das ganze Auto zittert und vibriert, wenn die Fahrzeuge in 3-4 Metern Entfernung an uns vorbei kommen. Das Problem, wie wir hier auf der einspurigen Piste im potentiellen Gegenverkehr wieder herunterkommen, beschäftigt mich noch eine Weile, bis ich darüber einschlafe. Gute Nacht.


Roadtrip-Statistik:

Samstag, 16.09.
Strecke 305 km
Zeit insgesamt8 h 38 min
Zeit in Bewegung4 h 45 min
Ø-Geschwindigkeit64 km/h
Höhenmeter bergauf2.179 m
Höhenmeter bergab1.528 m
Höchster Punkt2.218 m
Tiefster Punkt1.415 m
Höhenprofil
GPS = blau

2 Kommentare

    1. Avatar-Foto
      Wiebke

      Ja, sind wir 😇! Einsam ist es zwar manchmal, aber Verbotsschilder gibt‘s hier z.B. nicht so viele wie in Europa. Und wir fühlen uns definitiv sicherer in China als sonst fast überall. Das ist der positive Effekt des Kontroll- und Überwachungswahns 😬…

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