Meine Güte, war es heiß und schwül am Dienstag! Nachdem ich das Motorrad beladen hab, bin ich klitschnass geschwitzt. Auch meine zeitliche Planung für den Tag passt schon wieder irgendwie nicht. Ich komme erst nach einem Snack am frühen Nachmittag los.









Meine erste Etappe ist also nur einen halben Tag lang und somit auch von der Strecke her deutlich kürzer. Nach gut 200 km auf der Autobahn biege ich in eine kleine Talstraße ab und versuche, meinen vorher definierten (mit der KI erarbeiteten) GPS-Track zu finden. Erster harter Realitätscheck meines Plans: Der Plan hat nicht überlebt. Alle Wegpunkte meiner Route scheinen planlos und willkürlich gesetzt zu sein, sodass ich einfach nach Nase und dem eben gesicherten Satellitenbild fahre.
Wie plant man so eine Tour eigentlich (👈🏻 klicken)
Für die Vorbereitung der Reise habe ich mir die Profi-Version der allseits bekannten KI besorgt. Mir ging es insbesondere darum, Themen wie Versorgung, Navigation und Sicherheitsmaßnahmen abzustimmen. Das System war dabei sehr hilfreich, weil es viele im Internet stehende Informationen von offiziellen Rallies zusammengetragen und gebündelt hat.
Ich weiß nun also, was ich im Notfall bei einem Hitzeschock machen muss – und wie viele kleine Päckchen meiner Elektrolytlösung ich jede Stunde, alle 20 Minuten, mit Wasser zu mir nehmen soll. Einer der wichtigsten Faktoren in dieser Region ist nun mal die Hitze – es wird vermutlich bis zu 40 °C warm.
Was ich mir ganz toll vorgestellt hatte, war die Routenplanung mit der KI – das war auch die Hauptmotivation, die einen Monat mal zu bezahlen. Kurz gefasst: Das war eine Luftnummer. Viele Dinge kann die KI vermutlich – aber Strecken planen nicht.
Nicht nur sind die Ergebnisse komplett aus der Luft gegriffen, sondern auch die Arbeitsweise mit der KI ist fürchterlich kleinteilig und trotz maßgeblicher Vorgaben immer wieder fehlerhaft. Vielleicht kann man es so verdeutlichen: Man erklärt jemandem „Malen nach Zahlen“, die Regeln werden eindeutig bestätigt – aber nie eingehalten…
Ich suche mir eine schöne Stelle zum Schlafen und genieße den Sonnenuntergang – bei einer leckeren Tütensuppe. Während ich so dasitze und esse, sehe ich in einiger Entfernung, in unregelmäßigen Abständen, stark verwitterte Lehmtürme. Ich denke mir noch: Da fährst du morgen mal hin.




Ich habe ziemlich gut geschlafen. So ganz sicher war das allerdings nicht, denn bis circa 22:00 Uhr flogen diverse Male Kampfjets über das Gebiet, und aus der Ferne waren Maschinengewehr- und Kanonenschüsse zu hören. Vermutlich war also ein Truppenübungsplatz in der Nähe. Außerdem habe ich mein Kopfkissen vergessen – die zusammengeknuddelte Hose hat aber gute Dienste geleistet.
Ich stehe mit dem Sonnenaufgang um 5:00 Uhr auf und stelle fest, dass 17 Grad doch kälter sind, als ich es in Erinnerung hatte. Während das Wasser für meinen Kaffee und das Porridge köchelt, überlege ich, wie ich meine Satteltasche reparieren kann. Ein Teil ist eingerissen – ein bisschen schade, dass das schon am ersten Tag passiert…
Erstaunlicherweise habe ich auch keinen Plan, in welche meiner Taschen ich was gepackt habe. Das führt dazu, dass ich im Grunde mein gesamtes Gepäck ausräume und auf dem Motorrad balanciere. Natürlich bleibt es da nicht liegen, und ich muss es später wieder vom Boden aufsammeln… 🙄
ABBRUCH!! (👈🏻 klicken)
Als ich festgestellt habe, dass die USB-Buchse am Motorrad keinen Strom mehr liefert – beziehungsweise zumindest nichts am Telefon ankommt – war ich maximal genervt. Denn ohne Strom während der Fahrt geht gar nichts. Dann ist auch die Powerbank für die Nacht nicht geladen! Das war im Grunde kurz vor dem Ausruf: ABBRUCH!!
Folgende Überlegung: Wenn ich jetzt zurückfahre, um dort in eine Werkstatt zu gehen, brauche ich genauso lange, wie wenn ich das Problem hier in einer Werkstatt lösen lasse. Ich bleibe also. Mein gesamtes Gepäck musste vom Motorrad, damit ich unter der Sitzbank an die Sicherungen der Elektrik konnte. Jede einzelne Sicherung musste sich eine Überprüfung gefallen lassen – alle intakt. Im Grunde habe ich also nichts repariert – aber plötzlich war Strom am USB-Anschluss!! Elektrikprobleme, die „von selbst“ verschwinden, kommen meist wieder. Ich muss also später dringend im Detail schauen!
Um 8:00 Uhr, als ich dann endlich losfahre, brennt die Sonne schon wieder unerbittlich. Den Turm in der Ferne habe ich nicht vergessen – und ich fahre hin. Es stellt sich heraus, dass hier ein Abschnitt der alten Chinesischen Mauer verläuft, der frei zugänglich ist. Ich fahre mal links von der Mauer, mal rechts von der Mauer, mal auf der Mauer. Besser kann der Tag nicht beginnen! Wunderschönes Panorama, wunderschöne Graslandschaften, tolle Hügel – ein Festival der guten Laune.
Und weil ich dieses Festival dem Anschein nach zu ausgiebig feiere, rutscht eine meiner Seitentaschen an den Reifen. Der schlägt dabei eine Plastikschnalle in Einzelteile und reißt auch einige meiner Reserve-Spanngurte ab. Das Ganze bemerke ich erst viel, viel später – als ich die Spanngurte eigentlich benutzen wollte… Wo gehobelt wird, fallen Späne.








Ich bleibe den Tag über trocken, denke aber immer wieder daran, wie unmöglich diese Geländepassagen zu fahren wären, wenn hier Wasser stehen würde oder es einfach nur regnet. Sehr lehmiger Boden, der sich mit Wasser in reine Schmierseife verwandelt.
Ich habe das Motorrad gerade abgestellt und will zum Essen ins Restaurant, da fängt es an zu regnen. Und zwar nicht nur ein kleiner Schauer – es zieht eine veritable Gewitterfront durch. Der Wirt ist ganz nervös, weil mein Motorrad nass wird. Irgendwann verliert er die Nerven und bindet eine alte Tischdecke über Cockpit und Sitzbank. Ich gehe raus, um ihm zu versichern, dass alles okay ist und vor allem, damit er da nicht alleine im Regen meinen Bock konserviert während ich drinnen warme Suppe schlürfe. Da habe ich insgesamt Glück gehabt.
Was nicht so glücklich ist, ist der Umstand, dass für die gesamten nächsten 400 km und für die gesamte nächste Woche Regen vorhergesagt ist. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich mit dieser Information anfangen soll. Viel wichtiger ist eigentlich: Ich habe noch keinen Schlafplatz! Bei bestehender Unwetterwarnung möchte ich nicht zelten. Es regnet außerdem noch stark. Das nächste Hotel ist 50 km entfernt. Ich frage die Familie, die das Restaurant betreibt, ob sie nicht ein Hotel in der Nähe kennen. Die Kinder sind ohnehin schon die ganze Zeit dabei, die vielen Fragen aller Anwesenden zu übersetzen. So setzt sich quasi die gesamte Familie an ihre Handys, um mir ein Hotel zu suchen. Viel Telefoniererei ist involviert. Ich verstehe kein Wort – scheint auch ein lokaler Dialekt zu sein… Als schließlich alles geregelt ist, fahre ich los zum Hotel – und folge der Gewitterfront gerade so dicht, dass ich trotzdem noch nass werde. 😆
An der Rezeption wartet man schon auf mich – ist dann aber sehr überrascht über meinen deutschen Pass. Das überrascht mich wiederum, war doch alles vom Restaurant aus geklärt 🙄. Ich möge ein wenig warten. Nach einigen Augenblicken hat der freundliche Mann an der Rezeption einen Bekannten am Telefon und bittet mich, meine Daten selbst am Computer einzugeben. Dort ist natürlich alles auf Chinesisch, und diverse Wörter kenne ich einfach nicht. Also beginnt ein wildes Fotografieren, Übersetzen, „kenne ich nicht – aha“, bis der Registrierungsvorgang abgeschlossen zu sein scheint.
Als ich später am Abend aus dem Zimmerfenster schaue, sieht das Wetter regelrecht friedlich aus, und man kann den Sonnenuntergang sehen. Ein wenig ärgere ich mich, dass ich ins Hotel gegangen bin – und hoffe, dass meine Wäsche, die ich vorhin noch durchgespült habe, bis morgen wieder trocken ist.





On the Road | Di., 22.07. | Mi., 23.07. |
---|---|---|
Strecke | 223 km (blau) | 261 km (grün) |
Zeit insgesamt | 5 h 16 min | 12 h 2 min |
Ø-Geschwindigkeit | 42,3 km/h | 21 km/h |
Höhenmeter bergauf | 2.598 m | 2.032 m |
Höhenmeter bergab | 1.286 m | 2.774 m |
Höchster Punkt | 1.204 m | 1.657 m |
Tiefster Punkt | 32 m | 1.174 m |
Stationen in der Region
Man beachte die feine Schleife am Ende des zweiten Tages… Da bin ich ja glatt im Kreis gefahren 😆.
Um es mit den Worten von Deichkind zu sagen:
Es tut mir Leid doch ich muss leider gestehen
Es gibt Dinge auf der Welt die sind (leider geil)! 😜👍😎
Schön zitiert 👌🏼.