Reisen Unternehmungen Berichte

Faszination Wüste

Unser übergeordnetes Ziel ist übrigens die Badain-Jaran-Wüste, weit im Westen gelegen. Auf dem Weg dorthin fahren wir fast die ganze Zeit durch Gebiet, das der Wüste Gobi zugeordnet wird. Diese umfasst nämlich, wie wir während der Fahrt lernen, viele Areale, die als Wüste und Halbwüste klassifiziert sind. Das können dann beispielsweise Sand- oder Steinwüsten sein. Aber auch sehr trockene Gebiete, in denen grundsätzlich noch etwas wächst, werden hinzu gezählt. Sogenannte Halbwüsten. Diese Wüsten sind unter einem eigenen Namen bekannt.

Badain-Jaran-Wüste (👈🏻 klicken)

Ein Sandmeer in Zentral-Nord-China. Sie ist eine einzigartige geomorphologische Einheit mit der größten Megadüne der Erde, brummendem Sand und zahlreichen Seen. Es herrscht hyperarides Klima. Mit rund 52.000 km2 ist sie die zweitgrößte Wüste Chinas. Der Name („Die Sechzig des Badai“) leitet sich von einem Hirten namens Badai ab, der der Legende nach vor einigen hundert Jahren sechzig größere und kleinere Seen in der Wüste entdeckt haben soll. In der Baidain-Jaran-Wüste befindet sich der Ostwind-Landeplatz für Raumflugkörper der Strategischen Kampfunterstützungstruppe der Volksbefreiungsarmee.

In diesem Sinne: auf geht’s! Wir sind gestern noch vom Hochplateau an die erste „richtige Sandwüste“ auf unserer Strecke gefahren. Mit großen Dünen und so. Die Kubuqi wird sie genannt und breitet sich von Ost nach West über ungefähr 300 km und von Nord nach Süd über 100 bis 20 km aus. Sehr schön. Im chinesischen System der touristischen Attraktionen ist der Spot, an dem wir sind, ebenfalls mit fünf „A“s bewertet. In der Wüste wurden drei riesige Hotels inklusive Freizeitparks und Pool-Landschaften gebaut, die man lediglich per Seilbahn erreichen kann. Zwischen den Hotels fahren dann Busse, deren Karosserie die Form eines Bootes hat. Wüstenschiffe halt 🤷🏼‍♂️. Wir parken das Auto am Rand des gigantischen Parkplatzes dicht an einer kleinen Wald-/Dünen-Fläche und werden hier, nachdem wir entscheiden, NICHT das Seilbahnwahnsinn-Ticket zu kaufen, auch für die Nacht bleiben. Unnötig zu schreiben, dass sowohl Sonnenunter- als auch -aufgang über der Wüste mit ihren monumentalen Touristenbauten wunderschön aussahen.

Wir wollen heute weiter entlang der Wüste Richtung Westen fahren. Zwischendurch versuchen wir noch einmal ohne Touri-Infrastruktur in die Wüste zu schauen. Es gibt eine einzige Straße auf halber Strecke, die von Nord nach Süd durch die Wüste führt. Die kostet 20 Yuan Maut. Wir fahren ungefähr 10 km weit in die Wüste hinein – so wüstig sieht es gar nicht aus, da sie Teil der sogenannten grünen Mauer ist. Unser Parkplatz an dieser besagten Straße jedenfalls ist fragwürdig, denn es fahren primär gigantische LKW durch die Wüste, um Kohle für das weiter südlich liegende Kohlekraftwerk herbeizuschaffen. Sie machen einen Höllenlärm!!

Grüne Mauer (👈🏻 klicken)

Mit großem finanziellen und personellen Aufwand wird versucht, diese Wüste zu begrünen. Es werden viele viele Bäume gepflanzt und Samen für Gräser und andere bodenbedeckende Pflanzen aus Flugzeugen abgeworfen. Diese Wüste ist nämlich eine der Hauptquellen für die schweren Sandstürme, die wir unter anderem in Peking erleben. Diese erreichen aber teilweise auch Südkorea und in seltenen Fällen sogar die USA. Das Programm läuft seit 1978 und soll noch bis 2050 weitergehen.

Die nächste Station für heute ist ein weniger touristisch ausgebauter Wüstenpark. Wir fahren von der Autobahn runter und direkt hinter der Mautstelle steht ein gigantisches Tor mit einer Kasse – wirklich gigantisch. Niemand da, nichts los. An der Fassade des Kassenhäuschens steht, es würde sich um eine AAAA-Attraktivität handeln. Wir bezahlen 180 Yuan und fahren hinein. Es ist eine im Kreis angelegte Straße, die an verschiedenen Stationen vorbeiführt. Wunderschön und total praktisch. Wir kennen das Prinzip aus den USA, dort gibt es auch sogenannte Scenic-Drives. Wir kommen irgendwann an dem Hauptort für die touristischen Aktivitäten an und sind mal wieder vom Gigantismus überrascht. Wieso eigentlich? Haben wir doch jetzt schon oft genug gesehen. Hier steht ein unfassbar großes Hotel an einem riesigen See (der soll natürlich sein – die Ufer definitiv nicht mehr). Ein Paris-Dakar-Trainingszentrum für das Fahren in der Wüste und noch so vieles mehr… Wir könnten sogar zwei Segelyachten auf dem See mieten. Nur Touristen oder Wüsten-Fahrschüler sehen wir keine. Und wir fragen uns auch, wer im Sommer dorthin fahren will. Es sind in Peking 45°– dann mache ich Urlaub in der Wüste bei 50°…?

Im weiteren Verlauf des Scenic-Drives kommen wir an einem Gelände mit Ferienhäusern vorbei. Einige Schilder lassen vermuten, dass es 2006 gebaut wurde. Wie lange es schon nicht mehr genutzt wird und dem Verfall überlassen wurde, können wir nicht in Erfahrung bringen. Im Grunde komme ich mir vor wie auf einer Safari für „lost places“.

Wieder auf der Autobahn müssen wir irgendwann tanken und es kommt so wie es kommen muss. Die nächsten beiden Tankstellen verkaufen kein Diesel – sie verkaufen gar nix, sie sind nämlich komplett geschlossen. Wir fahren also von der Autobahn runter in den nächsten Ort mit Tankstellen und Restaurant. Das Örtchen ist wirklich klein und wir fragen uns, wie oft hier wohl pro Jahrzehnt mal ein Ausländer hinkommt. Im Restaurant dann große Aufregung. Es ist nämlich einerseits um 16:30 Uhr noch zu früh für Abendbrot und andererseits sind wir eben Ausländer. Wir bestellen von der Karte irgendetwas mit Lamm und fragen, ob wir noch ein vegetarisches Gericht haben könnten. Der Wirt verkniff sich ein Lachen und sagte, er könne etwas Gemüse als Beilage dazu tun. Wir bekommen Lammfleisch (sehr zart, sehr lecker) mit Weißkohl und als er es bringt, sagt er noch: ich hoffe es schmeckt euch, ich wusste gar nicht wie man das mit Gemüse macht. Hätten wir das also nicht so bestellt, hätten wir einfach eine riesige Portion Fleisch bekommen. Interessant. Sehr ausgewogene Ernährung…

Wir beschließen, den weiteren Weg ohne Autobahnen zu fahren. Die hören eh bald auf und es ist ja sowieso nix los. Die Landstraßen können also nicht viel schlechter sein. Vorher springt Wiebke noch schnell in den Supermarkt, um paar Sachen zu kaufen. Und als sie wiederkommt, sagt sie: meine Güte, als ich den Laden betreten habe, rief der Kassierer zu seinen Kollegen: „Schaut mal, ein Ausländer!“. Alle Leute im Laden liefen ihr hinterher und haben alle möglichen interessierten Fragen gestellt. Sie waren total begeistert davon, dass Wiebke mit ihrem Mann im Auto durch China fährt. Beim Bezahlen an der Kasse hatte sich mittlerweile eine Traube von zehn Personen um Wiebke gebildet und zeigte sich deutlich fasziniert davon, dass sie so viel Chinesisch spricht und die Zahlen versteht.


Roadtrip-Statistik:

Dienstag, 12.09.
Strecke 329 km
Zeit insgesamt9 h 03 min
Zeit in Bewegung4 h 45 min
Ø-Geschwindigkeit69 km/h
Höhenmeter bergauf1.439 m
Höhenmeter bergab1.448 m
Höchster Punkt1.153 m
Tiefster Punkt1.022 m
Höhenprofil
GPS = blau

6 Kommentare

  1. Avatar-Foto
    robert77

    Bitte um etwas Geduld. Der Beitrag hat eine gewisse Überlänge. Ich möchte aber auch kein Vergleich mit „Der mit dem Wolf tanzt“ ziehen. 😆😇
    Mir fehlt einfach die Zeit, es zu lesen und zu kommentieren, Und wenn ich die Zeit habe, schlafe ich ein.😇
    😘

Schreibe einen Kommentar