Wie bekommt man eine Melone auf, wenn man kein Messer dabei hat?
Ich fühle mich wie mit meinem Motorrad: im Grunde kann ich nur an der Melone schütteln – LOL. Ich schlage sie einfach kräftig auf den Waschbeckenrand und kratze mir mit der Kaffeetasse große Stücke heraus. Sie ist zuckersüß – extrem lecker, ein Kickstart für den Tag! Flankiert wird diese Zuckerbombe vom ansehnlichen Frühstücksbuffet.
Um 8:00 Uhr bin ich in der Werkstatt. Der Boss ist schon da, und wir fangen ein bisschen an, Teile abzuschrauben. Irgendwann, nach etwa 20 Minuten, kommt der ihm bekannte Mechaniker – und die beiden sind sofort in ihrem Element. Sie kennen das Motorrad zwar nicht, finden aber auf Anhieb alle wichtigen Kabelstränge und Anschlüsse. Man sieht sofort: Hier sind routinierte Leute am Start. Im Grunde ist fast jedes Kabel, jeder Stecker und jedes Teil einmal abgebaut, angeschaut und wieder eingebaut worden. Irgendwas scheint mit dem Notausschalter am Lenker nicht zu stimmen. Alles wird vermessen. Der Schalter selbst scheint zu funktionieren.
Als keiner mehr an eine Lösung glaubt, geht die mittels eines Tricks zum Laufen gebrachte Maschine plötzlich aus – genau in dem Moment, als der Mechaniker beim Zusammenbau den Kabelbaum berührt. Und siehe da: Es ist die Steckverbindung der Kabel des besagten Notausschalters. Ein Kabel ist so lose, dass es beim genaueren Hinsehen einfach aus dem Stecker fällt … Dumme Sau!! Da hätte mir auch die geklaute Werkzeugtasche nicht geholfen! Der Stecker ist schnell repariert – und ich belade mein Motorrad.
Eine Sache geht mir nicht aus dem Kopf: Er hat mir doch gestern gesagt, dass ich mir heute seinen Rennwagen anschauen kann… Ich frage ihn. Er sagt: „Ja, gute Idee“, und grinst dabei. Wir fahren die paar Kilometer bis an die Stadtgrenze und kommen auf einen Hof, der voll mit krass gepimpten Geländewagen steht. Aber so spektakulär wie in seinen Videos sehen die gar nicht aus, denke ich mir noch.
Dann öffnet er die Garage – und dort stehen zwei extreme Rennfahrzeuge. Sein Hauptfahrzeug: ein Achtzylinder mit 7 Litern Hubraum und satten 700 PS, am Heck verbaut. Nach Spezifikation für einen BAJA-1000-Renner aufgebaut. Als er das Monster startet, fühle ich mich, als wäre Weihnachten. Ich bekomme langsam das Gefühl, mein Motorrad wollte, dass ich diese Menschen kennenlerne … LOL.
Als wir zurück sind, lädt er mich zum Essen mit der Belegschaft und seiner Familie ein. Es wird groß aufgefahren – das Essen ist sehr lecker. Alle sind sehr nett. Von den Gesprächen verstehe ich nicht ganz so viel, aber wir helfen uns mit Übersetzungs-Apps aus. Irgendwann fahre ich los.
Später am Tag schreibt er mir noch einmal: Wenn das Fahrzeug vollständig aufgebaut ist, lädt er mich ein, ein paar Runden mit ihm in der Wüste zu drehen. Jetzt ist definitiv Weihnachten!!











Ich mache mich auf den Weg und folge der Strecke, die ich gestern fahren wollte. Dieses mal halte ich mich daran und biege nicht in die Wüste ab. Mein Vertrauen in das gerade mal 2.000 km alte Motorrad ist schon ein wenig erschüttert. Und ich denke die ganze Zeit: es wäre viel besser, wenn man diese Tour zu zweit machen würde. Wenn ich das nächste mal in die Dünen fahre, möchte ich irgendwie eine kontrollierte Umgebung – also Leute, die einem im Notfall aus der Patsche helfen können.
Trotzdem fahre ich weiter auf der Straße … bis ich ein großes Spektakel am Horizont sehe. Ein Gelände, auf dem man für 1,50 € Eintritt ein bisschen in den Dünen fahren kann. Und wenn man den Karren im Sand versenkt und nicht mehr weiterkommt, gibt’s genug Leute, die helfen.
Zwei Dinge hätte ich besser machen sollen: Die 25 Kilo Gepäck hätten nicht auf dem Motorrad sein müssen. Und meine Knieorthesen hätte ich etwas fester schnallen können. Aber was für ein Spaß! 100 m steil einen Dünenhang hinaufzuballern, zweiter Gang, Vollgas! Wahnsinn – es ist extrem heiß, mir tropft der Schweiß aus den Klamotten.
Irgendwann habe ich genug. Als ich anhalte, um etwas zu trinken zu kaufen, ist das Kino schon groß – und zwar nur beim Anblick des Motorrads. Als ich dann auch noch den Helm abnehme, ist es wieder Zeit für viele interessierte Fragen – aber auch viele, viele Bilder. Egal, heute wollte ich es so. 😉 Bei dem, was das Motorrad hier abgeliefert hat, ist mein Vertrauen in die Maschine vollkommen rehabilitiert.










Irgendwann komme ich aus der Wüstenregion heraus und muss ein paar Kilometer auf einer zweispurigen Bundesstraße fahren. Der Tag war allerdings sehr anstrengend, und irgendwann werde ich müde. Ich nehme die nächste Abfahrt. Nach einer kurzen Pause und einem Blick auf die Karte entscheide ich mich, diesem Weg zu folgen. Es sieht hier einfach sehr mystisch, verlassen und schön aus. Es scheint viel geregnet zu haben – überall sind starke Auswaschungen zu sehen, Wege sind teilweise komplett weggespült. Ich denke mir noch, dass es für den Zeltplatz wichtig wäre, vor solchen Wassermengen geschützt zu stehen.
Irgendwann sehe ich einen Weg, der in die Berge abbiegt – und ich folge ihm und stehe plötzlich vor einem verlassen wirkenden Dorf. Hier werde ich etwas weiter oben auf dem Hügel übernachten. Mein Zelt steht, das Motorrad parkt, ich sitze in meiner Funktionsunterwäsche auf dem Hügel und beobachte den Sonnenuntergang, als ein Hirte auf seiner Mofa am Zelt stehenbleibt. Ich grüße ihn und erkläre, was ich vorhabe. Er sagt: „Alles klar“, und fährt davon.
Als ich irgendwann – es ist schon dunkel – im Zelt liege und eigentlich einschlafen möchte, höre ich Kinder lachen. Was jetzt? Werde ich bescheuert? Das Dorf sah wirklich sehr verlassen aus. Ich klettere aus dem Zelt und sehe eine Frau mit ihren beiden Kindern auf meinen Zeltplatz zukommen. Hinter ihnen sprinten drei Jugendliche den Hügel hinauf. Alle sind aufgeregt und interessiert, stellen Fragen zum Motorrad, zu mir, zum Zelt. Irgendwann werde ich eingeladen, zu ihnen nach Hause zu kommen. Ich will eigentlich nicht – ich will nur schlafen. Aber das wäre sicher sehr unhöflich. Also gehe ich mit. Ziehe mir aber vorher doch noch meine richtige Hose an.
Etwas versetzt hinter dem verlassenen Dorf steht ein großes Haus – das habe ich völlig übersehen. Drinnen sitzen der Ehemann und ein älterer Herr. Auf dem Tisch stehen Baozi – ich möge essen. Und jedes Mal, wenn ich aufhöre zu essen, soll ich weitermachen. Es ist schon fast lustig. Es wird viel gefragt, viel mit Apps übersetzt.
Dann kommt noch jemand dazu – er sieht ein bisschen genervt aus und trägt so eine Art Armeekleidung. Er setzt sich mit an den Tisch. Die Mutter startet derweil eine Videotelefonie, und auf dem Bildschirm erscheint ein nett wirkender Typ, der mir ganz interessiert Fragen stellt. Plötzlich wollen sie meinen Pass sehen. Naiv denke ich noch: Ha ha, haben sie wohl noch nie einen Deutschen Reisepass gesehen. Ich hole den Pass raus und erkläre, dass der auch so schön rot ist …
Naja – am Ende stellt sich heraus: Der Typ am Telefon ist der Dorfpolizist, und der leicht unfreundlich dreinschauende Typ vor mir ist sein Kollege. Sie haben meine Passinformationen für die (ohnehin notwendige – und von mir eigentlich umgangene) Registrierung verwendet. Freundlich sagt man mir, mit meinem Pass sei alles in Ordnung. Ich fühle mich ein wenig komisch dabei – hätten sie das nicht einfach erklären können?
Die Neffen – die drei Jungs von vorhin sind nur Sommerbesuch bei der Familie – stellen mir noch viele Fragen über Deutschland und wollen Bilder sehen. Gegen 23:00 Uhr habe ich dann genug. Ich entschuldige mich höflich wegen meiner Müdigkeit. Die drei Jungs bringen mich mit Taschenlampen zurück zum Zelt. Ich hätte vermutlich auch nicht wieder zurückgefunden. Im Gespräch erfahre ich, dass das Dorf gar nicht echt ist. Es handelt sich um eine Filmkulisse 🙄.








On the Road | Do.,31.07. |
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Strecke | 126 km (blau) |
Zeit insgesamt | 5 h 15 min |
Zeit in Bewegung | |
Ø-Geschwindigkeit | 24 km/h |
Höhenmeter bergauf | 1.225 m |
Höhenmeter bergab | 899 m |
Höchster Punkt | 1.522 m |
Tiefster Punkt | 1.060 m |
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was für ein verrückter Trip! 🤩😎👍
Die Euphorie beim Auto ist nicht zu überhören!😁 wäre mir genauso gegangen!
Was für ein Werkstatt-Typ und das obwohl er dich nur knapp 1 Tage „kennt“!
Mehr Abenteuer geht fast nicht!!!
Wirklich, kein Plan hält stand und ich stolpere förmlich von einer besonderen Bekanntschaft zur anderen. Selten war eine vermeintliche solo Langstreckenreise so stark durch persönlichen Begegnung geprägt 😇🤠🚀.