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Spektakuläre Aussichten
Spektakuläre Aussichten

Spektakuläre Aussichten

Diese Drohnenaufnahme mal vorweg: durch Zufall bin ich dort gelandet, durch Zufall habe ich die Familie dort getroffen. Später stellt sich heraus, dass er Tourguide für die Region ist und genau in diesem Gelände mehrtägige Geländewagentouren anbietet.

Die Landschaft war einfach nur umwerfend – eigentlich fehlen mir die richtigen Worte dafür.

Wie bin ich da gelandet – also an dem Geländeabbruch mit der Drohnenaufnahme?

Gestern habe ich die ganze Fahrt hinweg auf die Straßen und die Wege in den steppenartigen Wiesen auf der anderen Seite des Canyons geschaut. Daher fahre ich heute erst mal ein paar Kilometer in die „falsche“ Richtung, nur um den Fluss zu überqueren – und genau auf diesen Strecken zu fahren. Was für ein Eldorado!

Eine Schotterpiste führt mich den Berg hinauf – stellt sich aber letztendlich als Sackgasse heraus. An deren Ende steht eine Gasförderanlage. Zurück an der Straße sehe ich gegenüber einen kleinen Weg zum Fluss. Ich quetsche mich durch die enge Durchfahrt und fahre die nächsten Kilometer direkt am Flussufer entlang. Immer noch das gleiche Tal an dessen Ende dieser gigantische Stausee liegt. Ich habe also im Hinterkopf immer ein Szenario, in dem ich sehr schnell aus dem Flusslauf verschwinden muss, falls das Wasser steigt. Die Ausfahrten zur Straße kommen zum Glück in regelmäßigen Abständen. Ich beschließe: die Situation ist sicher.

Vom Fluss zurück an der Straße stellen sich die Pfade, die ich gestern von der anderen Seite des Canyons gesehen habe, als wunderbar fahrbare, glatte und feste Sandpisten im Gras heraus.

Immer wieder führen sie dicht an die Abbruchkante – von der ich mich aber respektvoll fernhalte. Schließlich muss sie ja irgendwann abbrechen – sonst würde sie ja nicht so heißen, nicht so steil aussehen und auch nicht so viel Geröll am Grund des Canyons hinterlassen…

Ihr versteht, was ich meine.

Als die Wege in den Wiesen enden und ich eigentlich schon einfach nur noch der Straße folgen will, sehe ich vom Hang rechts vier Geländewagen einen wirklich steilen Weg herunterschleichen. Ich kann mir nicht helfen – ich muss da hoch!

Oben angekommen öffnet sich der Blick über eine weitläufige, sehr hügelige Gras- bzw. Steppenlandschaft. Durchzogen von vielen kleinen Wegen, die einen immer weiter in die unbewohnte Wildnis ziehen. Solch eine Landschaft habe ich bislang noch nicht erlebt – und ich bin mir auch sicher: in Europa wäre so etwas nicht mehr möglich oder auffindbar. Ich wüsste ehrlich gesagt gar nicht, wo wir solch eine Landschaft überhaupt noch haben.

Auf jedem Hügel prüfe ich meinen Handyempfang. Die Erfahrungen der letzten Wochen sitzen tief. Auf keinen Fall will ich hier alleine stranden. Das gesagt, denke ich mir: Ich habe alles nötige Werkzeug dabei, genug Wasser und Essen – und die Gruppe um Sky ist morgen auch irgendwo in der Gegend, keine 100 km Luftlinie entfernt.

Am Horizont sehe ich einen weißen Geländewagen, der immer wieder hinter Kuppen verschwindet. Ich fahre also weiter.

Nach einem sehr steilen Anstieg – ich wundere mich schon, wo der weiße Geländewagen geblieben ist – erreiche ich das Ende des Weges. Und dort steht auch der Wagen. Ein Typ steigt mit seiner Familie aus, startet die Drohne und fängt an, Bilder zu machen. Ich stelle mich dazu, frage ihn, ob ich ihm nicht gerade die Aufnahmen versaue. Er grinst, findet’s gut, und sagt: „Bleib da, lauf mal ein bisschen auf und ab.“

Insgesamt eine richtig schöne Begegnung: ein lustiger Kerl, knuffige Kinder – und all das in dieser Landschaft. Viel mehr geht nicht. Mir scheint quasi die Sonne aus dem A… 😆

Während unserer Unterhaltung stellt sich heraus: Man kann in diesem Gebiet gut zwischen 200 und 300 km offroad fahren, ohne auf eine einzige Siedlung zu treffen. Das möchte ich heute aber definitiv nicht machen. Ich beschließe, umzudrehen – um über eine schöne Gebirgsstraße zum Basislager des Teams zu fahren.

Die Straße hat es in sich – aber nicht so, wie ich dachte. Die Route S101 ist bekannt als anspruchsvolle Strecke mit Schotterpassagen und Offroad-Anteilen. Heute ist sie eine extrem gut ausgebaute Straße mit wunderschönen Kurven, die fast alle gut einsehbar sind – eingebettet in eine atemberaubende Kulisse.

Wegen einer Umleitung werden es aber mehr Kilometer als ursprünglich geplant. Ein Teil der Strecke ist gesperrt, und so schaffe ich es wieder einmal, mit sehr sachten Bewegungen am Gasgriff und nur noch sehr wenig Sprit im Tank am Ziel anzukommen.

Hier geht dann die Schnitzeljagd zum Treffen mit Sky – ich nenn’s jetzt einfach mal so – weiter. Zwischenzeitlich schreibt er mir nämlich, dass sie es heute nicht mehr bis zum Hostel schaffen werden, da auch sie auf Streckensperrungen gestoßen sind. Oder so ähnlich.

Die Krönung des Ganzen ist allerdings der Rezeptionist im Hostel – beziehungsweise seine Chefin. Ein grundsätzlich sehr netter Typ. Er richtet mir aber von seiner Chefin aus, dass ich doch bitte in das große Hotel fahren soll, das offiziell für Ausländer zugelassen ist. Dort könne ich auch mein Motorrad parken. Außer diesem einen Hotel dürfe sonst niemand Ausländer aufnehmen. Ich bin kurz davor zu sagen: das ist doch totaler Quatsch – denn ich hab überhaupt keinen Nerv mehr für diese Scheiße. Das ändert natürlich nichts an der Situation, also erläutere ich ihm höflich, dass ich anders informiert bin, und sage, dass ich erst mal Rücksprache mit meinem Bekannten halten werde. Sky ist ebenfalls sehr verwundert und versucht, die Chefin telefonisch zu erreichen. Da er selbst mit dem Auto in den Bergen unterwegs ist, vereitelt der schlechte Handyempfang regelmäßig das Vorhabend. Es dauert also.

Am Ende wird alles gut. Ich darf in ein schönes Zimmer einchecken, das Motorrad darf die nächsten 14 Tage stehen bleiben, und auch einen großen Beutel mit Equipment und Klamotten darf ich dort liegen lassen.

Am Abend – ich möchte eigentlich nur schnell meine Wäsche von der Leine holen – werde ich zum Biertrinken eingesackt. Es wird ein herrlich lustiger Abend. Es wird gesungen, es wird gelacht, es wird getrunken.

Was für ein herrlicher Abschluss meines letzten Tages auf dem Motorrad für diese Phase der Reise. Ich bin um die 4.800 km gefahren und seit 23 Tagen unterwegs.

Ich muss schon eingestehen, dass sowohl die vielen so menschlich positiven Begegnungen als auch die Pannen und Missgeschicke teilweise weit außerhalb der Komfortzone liegen und irgendwie die Reise zu einer Grenzerfahrung machen.

Das Motorrad wird jetzt 14 Tage auf mich warten, während ich mit Wiebke in einem Wohnmobil durch die Provinz Qinghai cruisen werde.


On the RoadMi., 13.08.
Strecke 246 km (blau)
Zeit insgesamt
Zeit in Bewegung7 h 30 min
Ø-Geschwindigkeit33 km/h
Höhenmeter bergauf4.205 m
Höhenmeter bergab4.030 m
Höchster Punkt1.993 m
Tiefster Punkt504 m

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