Ich habe sehr gut geschlafen! Gestern Abend haben die drei Jungs noch eine Einladung zum Frühstück ausgesprochen – verbunden mit der Frage, wie mein Plan aussehen würde. Ich habe mit der noch sehr langen ausstehenden Strecke argumentiert und angekündigt, dass ich wahrscheinlich schon gegen 7:00 Uhr losfahren werde. Daran halte ich mich auch. So höflich und intensiv die zwischenmenschlichen Erfahrungen auch sind – es ist manchmal einfach auch anstrengend.
Generell hinke ich meinem Plan deutlich hinterher. Man könnte sogar so weit gehen, dass man die alte Planung verwerfen kann. Schließlich bin ich jetzt nicht mehr auf dem Weg in die Provinz Xinjiang, sondern fahre zu Max, um unter anderem auch einige organisatorische Dinge zu erledigen (man denke an das Werkzeug).
Laut Navi habe ich gut 50 km Strecke auf einem Verbindungsstück vor mir. Das Navi sagt allerdings nichts zum Straßenbelag. Nach ungefähr 6 km endet der Asphalt, und ich bin einigermaßen hin- und hergerissen. 45 km Piste klingt mega 🤩 – aber wenn es mir hier den Reifen zerreißt, ist das schon sehr abgelegen… Da ich jetzt den WeChat-Kontakt des einen Neffen habe, denke ich mir: Hilfe ist nicht weit entfernt. Ich beobachte das Mobilfunksignal akribisch.
Der Weg ist eigentlich ganz gut – kaum Löcher, wenig spitze Steine. Alles in allem lässt es sich gut fahren. Aber auch hier sieht man immer wieder, wie viel Regen in letzter Zeit heruntergegangen sein muss: diverse Male ist die Straße einfach weggespült, mit Beton befestigte Flussdurchfahrten sind zerstört.
Nachdem ich eine Auswaschung relativ zügig durchfahren habe (kein Problem – sie ist gut einsehbar, und das Motorrad kann deutlich mehr als der Fahrer), ist plötzlich die Musik weg. Das alte iPhone, das ich zum Navigieren nutze, spielt mir normalerweise auch Musik in meine Helm-Freisprecheinrichtung. Doch als ich nach unten schaue, ist es nicht mehr am Lenker. So doof.
Meine Handyhalterung hat offensichtlich ein Problem – beziehungsweise: Ich habe das Problem. Glücklicherweise merke ich es schnell und habe nur eine etwa 100 Meter lange Strecke zum Absuchen. Ich entscheide mich für die rechte Fahrbahnseite, gehe in Schneisen von ungefähr drei bis fünf Metern auf und ab und hoffe, das Telefon zu finden.
Ich nutze auf meinem Haupttelefon die „Wo ist?“-Funktion und hoffe, dass sich die beiden Geräte gegenseitig orten können. Da das verlorene Telefon aber wirklich sehr alt ist, funktioniert das nur bedingt – ein Netzwerk hat es auch nicht. Die Aufforderung, einen Ton abzuspielen, kommt dort also nie an. Es bleibt mir also das klassische: auf den Boden glotzen. Tatsächlich werde ich fündig – es liegt zwischen einigen Felsen am Straßenrand!
Erleichtert fahre ich weiter. Die Strecke ist wirklich schön, die Landschaft ebenso. Immer wieder muss ich trockene Flussläufe durchqueren und sonstige Hindernisse umfahren – ein ganz schönes Abenteuer! Quer zur Fahrtrichtung gespannte Weidezäune sind meistens sehr gut markiert, aber darauf verlasse ich mich nicht.














Mein Ziel ist ein mir unbekannter Mensch. Er hatte mir während meiner letzten Panne sehr geholfen. Er scheint hervorragend Englisch zu sprechen und kennt sich technisch extrem gut aus. Ich kenne seine Adresse, weil er mir angeboten hatte, mein Motorrad zu reparieren. Ich bin damals nur nicht zu ihm gefahren, weil es gut 230 km vom Ort der Panne bis zu seinem Standort gewesen wären.
Als ich ankomme, erkennt er mich sofort am Motorrad. Nach ein wenig Benzin-Gelaber (er spricht tatsächlich gar kein Englisch, nutzt aber eine gute Übersetzungsapp) gehen wir etwas essen. Es gibt einen großen Topf mit Hühnerfleisch, Kartoffeln, Gurken und Tomatensoße – sehr scharf – und dazu breite, dicke Nudeln. Das Gericht stammt aus Xinjiang.
Beim Bezahlen entsteht ein kleines Gerangel: Er erkennt sofort, was ich vorhabe, und will mich einladen – schubst mich immer wieder weg. Am Ende versteckt er den QR-Code… Ich bin einfach zu langsam! Dabei hatte ich diesmal alles vorbereitet: Das Telefon war schon so eingestellt, dass es den QR-Code scannen konnte. Beim Aufstehen bin ich allerdings zu ungeschickt und bleibe mit meiner Schutzausrüstung am Tisch hängen. Diesen Nachteil nutzt er schamlos aus – und bezahlt mein Essen 😂.
Ich fahre ein Stück weiter, kaufe mir einen Kaffee und lüfte die Stiefel in einem nahegelegenen Park.




Ich möchte heute noch unbedingt einiges an Strecke gutmachen und setze meine Fahrt fort – weiter durch atemberaubende Landschaften, vorbei an teilweise kuriosen alten Ruinen.
Die Region, die ich mir für einen Zeltplatz ausgesucht hatte, kommt leider nicht infrage. In dem Tal stehen mehrere große – ja, regelrecht gigantische – Schwerindustrieanlagen, die dicke schwarze Wolken ausstoßen. Die Luft ist wirklich fürchterlich schlecht. Es gibt einen regelrecht schlechten Geschmack im Mund.
Ich fahre also noch eine gute Stunde weiter – die Sonne geht erst kurz nach acht unter. Irgendwann bin ich allerdings zu müde und stelle mich einfach ein wenig versteckt von der Straße in die Wüste. Es ist nicht windig, und so habe ich auch keine Bedenken, dass mein Zelt instabil sein könnte.
Ich recherchiere noch, ob Kamele nachts schlafen und wie gut sie in der Dunkelheit sehen können. Denn ich habe wirklich keine Lust, dass ein Kamel über mein Zelt stolpert, während ich darin liege…






On the Road | Fr., 01.08. |
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Strecke | 266 km (blau) |
Zeit insgesamt | 9 h 45 min |
Zeit in Bewegung | |
Ø-Geschwindigkeit | 27 km/h |
Höhenmeter bergauf | 1.651m |
Höhenmeter bergab | 1.641 km |
Höchster Punkt | 1.597 m |
Tiefster Punkt | 1.139 m |
Stationen in der Region
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