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Im linken oder rechten Arm des „Y“?
Im linken oder rechten Arm des „Y“?

Im linken oder rechten Arm des „Y“?

Na ja, wenn man die Karte „richtigherum hält“, sind es die Beine – dann fehlen dem Strichmännchen aber die Arme. Und kopflos wäre es auch … Von einem Ypsilon haben Wiebke und ich immer nur gesprochen, weil in der Karte des Naturreservats alles aus dieser Perspektive dargestellt war. Wir wollten die Wanderungen in den Tälern links und rechts auf zwei Tage aufteilen. Es wären jeweils gute 17 km Wanderung gewesen – auf Holzplanken und bergab.

Gestern Abend hatten wir übrigens unsere liebe Mühe, überhaupt einen Platz zum Schlafen zu finden. Die Stadt mit der Verwaltung und dem Eingang des Parks liegt in einem recht schmalen Tal und ist dadurch in die Länge gestreckt. Es ist MEGA viel los! Menschenmengen, Autos und Taxen kämpfen um Vorrang. Die Parkplätze, die wir finden, sind teils mit Höhenbeschränkung für unseren Camper gesperrt und teils einfach fürchterlich für die Nacht – laut, exponiert usw.. Schlussendlich finden wir einen Platz auf dem Vorhof eines riesigen, vermeintlich nicht mehr genutzten Gebäudes.

Als wir die Schranke passieren, kommt dann auch schon ein junger Wächter brüllend hinterher … Mann, ey! Als er dann den bärtigen Typen sieht, lächelt er und holt seinen Kollegen dazu. Wir navigieren zu viert durch das Gespräch und bekommen zum Schluss einen schönen Platz zum Stehen – ruhig, aber ohne Klo. Egal.

Als ich mich mit ein paar Bierchen bedanken möchte, bringe ich die Jungs der Etikette wegen in Bedrängnis. Schnell werden ein paar Trinkwasserflaschen als Gegengeschenk organisiert, und nur eine Dose wird höflich angenommen. Das war mal eine der am deutlichsten wahrnehmbaren Choreografien der Höflichkeit.

Am nächsten Morgen im Pendelbus schwirrt uns der Kopf. In welchen Arm oder welches Bein wir fahren, egal. Keine Ahnung. Denn wir haben gerade den Abtransport der größten für eine Attraktion anstehenden Menschenmenge miterlebt, die wir jemals gesehen haben.

Meine Güte – effizienter sind nur Schlachthöfe!

Micha im Bus, leicht verwirrt.
Tickets werden in zwei Blöcken verkauft:
8–10 Uhr: 5.000 Tickets
10–14 Uhr: 20.000 Tickets.

Als wir am Vorabend für den 8-Uhr-Block gebucht haben, waren noch ca. 1.500 Tickets verfügbar. Wahnsinn – und echt kein Pro-Argument, dorthin zu fahren. Aber wie gesagt: Wenn nur einige Prozent der Chinesen anfangen zu reisen, kommen gigantische Menschenmengen zusammen. Und die werden – das muss man ihnen lassen – auf eine sehr effiziente Art und Weise gehandhabt.

Vielleicht sieht man es ja auf den Bildern einigermaßen: innerhalb von sechs Minuten waren alle Menschen in dem riesigen Wandelgang in Busse verfrachtet und auf dem Weg auf den Berg. Auf der Strecke sehen wir bestimmt weitere 50 wartende Busse. In unserem Bus bekommen wir schon den Eindruck: EINMALIG und bislang UNGESEHEN. Der ganze Aufriss lohnt sich – und der Bus spuckt uns im rechten Arm bzw. im linken Bein aus – ganz korrekt: im westlichen Tal. Und da wir auf weitere Busfahrten so weit wie möglich verzichten, treffen wir nur an den „Engstellen“ die verrückten Gruppen.

Dann allerdings wird sich mit viel Schwung, lautem Gezeter und dem Einsatz von Händen, Füßen sowie Ellenbogen in die Busse gequetscht – als würde hinter einem die Welt untergehen. Asi! Zum Glück sind es fast ausschließlich große Gruppen kleiner Rentner und Menschen sonstigen Alters (auch klein 🤷🏼‍♂️) – all das findet also auf Brust- bzw. Bauchhöhe bei mir statt. Ich drängle entsprechend engagiert vorne mit, und Wiebke „schwimmt in meinem Strömungsschatten“ in den Bus. Wenn jemand unbedingt will, dass ich mich – wie alle anderen auch – als Arschloch hervortue, dann kann ich das auch. 😆

Wir sind schnell unterwegs und nehmen, nachdem wir aus dem ersten Tal herauskommen, noch rasch den Bus in das zweite, eigentlich für morgen geplante Tal. Ich möchte es heute mindestens einmal anschauen – denn wenn es sich nicht „lohnt“, will ich diese Ansammlung von viel zu viel von ALLEM so schnell wie möglich verlassen.

Das Tal ist in der Hochsaison bestimmt wunderschön. Dann sind alle großen Seen voll und funkeln in allen Blau- und Grüntönen. Heute jedoch sind auf dem Weg fast alle Seen ausgetrocknet. Der Hauptsee am Ende des Tales – 3,5 km lang, 90 Meter tief und 300 Meter breit – hat ebenfalls Probleme mit dem Wasserstand.

Der See hat übrigens keinen natürlichen Abfluss: Alles Wasser, das das Tal „herunterkommt“, sickert durch Felsspalten (Karstphänomen). Folglich sehen wir auch keine (ausgetrockneten) Bäche.

Am Abend fahren wir noch ein paar Kilometer weiter und finden in einem Seitental einen schönen Stellplatz – vor einem tibetischen (sind sie alle hier…) Tempel.

Wir haben quasi einen Tag gewonnen und wollen diesen nun in Chengdu für ein wenig Essen, Trinken und Umherlatschen nutzen. Die Fahrt am heutigen Samstag gehen wir locker an. Es sind noch ungefähr zwei Stunden in den Bergen, bevor wir die letzten beiden Stunden auf der Autobahn Richtung Chengdu die Berge endgültig verlassen würden …

Erst einmal stehen wir allerdings vor einem gesperrten Tunnel. Wir machen aus der Not eine Tugend und fahren einige hundert Meter zurück zu einem kleinen Rastplatz: Kaffee, Powernap, Drohnenbilder und so … Der Platz wird von einer Gang aufdringlicher Ziegen „bewacht“. Sie fordern sehr aufdringlich Wegzoll (schon wieder Zölle 🙄!).

Als wir aus der Gegenrichtung Fahrzeuge kommen sehen, fahren wir schnell los. Am Tunnel sind wir dann die ersten vor der Schranke – denn er ist wieder für die nächsten zwei Stunden gesperrt!! Timing ist alles. Nur keine Stadt in China … Wir suchen eine Umfahrung und machen uns auf den Weg.

Irgendwann stellen wir uns an einer ruhigen Stelle hinter den Deich eines Flusses. So ruhig ist es dann aber gar nicht. Erst einmal stehen wir hinter einer großen Baustelle, und am Wochenende machen die erst spät Feierabend. Dann laufen auf dem Deich diverse Leute und Gruppen im Sonnenuntergang entlang. Wir kommen aus dem Erklären kaum noch heraus.

Erst als genug Menschen von uns wissen, wird schon vorab über uns gesprochen – und wir werden nur noch lächelnd passiert. Vermutlich hieß es so oder ähnlich: „Ey Mann, da vorne, die zwei – das sind Deutsche! Die sind mit dem Wohnmobil unterwegs!“ 😉


On the RoadFahrt nach Hike
Fr., 18.04.
Richtung Chengdu
Sa., 19.04.
Strecke 14 km (blau)211 km (grün)
Zeit insgesamt0 h 36 min9 h 43 min
Ø-Geschwindigkeit23 km/h21 km/h
Höhenmeter bergauf190 m2.639 m
Höhenmeter bergab274 m3.737 m
Höchster Punkt2.074 m2.684 m
Tiefster Punkt1.896 m796 m
HöhenprofilHöhenprofil
Wanderung mit Bus, Bahn & per pedesJiuzhaigou
Fr., 18.04.
Strecke gesamt95,7 km (rot)
davon zu Fuß25,13 km
Zeit insgesamt9 h 49 min
Zeit in Bewegung5 h 38 min
Ø-Geschwindigkeit13:27 /km
Höhenmeter bergauf360 m
Höhenmeter bergab853 m
Höchster Punkt3.102 m
Tiefster Punkt1.998 m
Höhenprofil

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