Die gute Nachricht zuerst. Wir sind aus dem Quarantäne-Hotel entlassen und haben von der neuen, verkürzten Isolationszeit profitiert. Die noch bessere Nachricht ist, dass wir in diesem knappen halben Tag seit „Entlassung“ so viele neue, irritierende, schöne und faszinierende Eindrücke gesammelt haben, dass wir die wie ein abgekarteter Schildbürgerstreich wirkende Quarantäne beinahe schon vergessen haben!



Wie sah der Tag dann also aus? Abgesehen vom Organisatorischen -da passierte ja endlich was- war das Wetter eher dröge und keine Einladung an das schöne Leben. Sehr tiefe Wolkendecke, nebelig und 27 Grad mit einer Luftfeuchtigkeit, die einen einfach nur fertig machte. Ungefähr so, als würden drei Leute heiß duschen, ohne dabei zu lüften. Beim Verlassen des Hotels beschlug direkt die Armbanduhr, Kamera etc.. Irgendwie war eigentlich alles feucht. Wir waren allerdings so froh draußen zu sein, dass uns solche Kleinigkeiten nicht im geringsten störten und wir uns für einen Spaziergang entlang der Promenade auf den Weg machten. Die Szenerie mit den Hochhäusern in den Wolken war atemberaubend! Wir waren weit und breit die einzigen Ausländer. So wurde das ein oder andere Foto oder besser gleich ein Video von uns gemacht oder einfach interessiert geglotzt.







Als wir am Abend an der Rezeption nach einer Bar fragen, werden wir auf „28 o’clock“ verwiesen -den 28ˋsten Stock. Gut zu wissen, dass nicht nur wir mal zum falschen chinesischen Wort greifen 😉. Dort oben befindet sich allerdings nur die Executive Lounge. Also ein gesonderter Bereich für „besondere“ Gäste. Getreu dem Motto: „uns gehört das hier“ gehen wir rein, bestellen zwei Getränke und setzen uns an die großen Fenster, um das Spektakel zu betrachten: ALLE wirklich großen Hochhäuser sind außen mit LEDs versehen und leuchten den frühen Abend über koordiniert. So segeln mal kleine Schiffchen über die Fassaden oder es regnet Herzen in die Stadt. Einfach krass & schön!! Zwischendurch fliegt unser Coup auf und wir werden freundlich darauf hingewiesen, dass wir keinen „Executive Status“ haben und die Getränke bezahlen müssten. Heute gäbe es die Drinks aber noch als Geschenk 😬. Stumpf ist Trumpf.



So wie die quasi TV-Hochhäuser lassen uns auch noch andere technische Gimmicks staunen. So wird beispielsweise bei der Registrierung zum Bezahldienst Alipay einfach der Funk-Chip des Reisepasses mit dem eigenen Handy ausgelesen und das darin gespeicherte Gesicht per Handy-Kamera kontrolliert -nix da PostIDENT. Die niedlichste Überraschung hatte jedoch der Zimmerservice im Hotel parat. Die Lieferung auf das Zimmer übernimmt nämlich ein kleiner Roboterwagen 🤖.
Schildbürgerstreich
Das Hin und Her wegen der verkürzten Isolationsdauer hatte ich schon im letzten Beitrag beschrieben -auch dass wir 14 Tage bleiben würden. So war dann alles organisiert und der Flug am Sonntag gebucht. Fliegen ist momentan eine schwierige Angelegenheit, da viele Flüge kurzfristig grundlos gestrichen werden. Unser AirChina-Flug wurde als der „verlässlichste“ Flug dringend empfohlen. Mental war dieses stabile Setting wichtig, denn wir glotzten mittlerweile schon neun Tage auf die gleiche Wand.
Für alle Aktivitäten sind regionale Handy-Apps relevant, welche die Ergebnisse der letzten eigenen PCR-Tests auflisten und etwaige Risiken aus dem Umfeld (bspw. Infektionen im Nachbarhaus oder Stadtteil) für den persönlichen Status berücksichtigen. Es gelten diese Abstufungen: grün=gut; orange=schlecht; rot=so richtig schlecht. Quasi die deutsche Corona-Warnapp auf Steroiden! Für uns sind das zwei Apps: hier Qingdao, dort Peking. So weit so gut. Noch alle dabei oder sind alle Klarheiten beseitigt? Denn jetzt wird es erst so richtig verrückt…
All die Passagiere, die auch in unserem Hotel untergebracht waren, hatten vermutlich mehr oder weniger die gleichen Ausgangsbedingungen. Und wenn nicht, wenigstens bei Wiebke und mir traf das zu. Und dennoch waren die Statusinformationen bei sehr sehr vielen Reisenden einfach durchweg immer wieder anders und wechselten einer nicht nachvollziehbaren Regelung folgend munter die Farben. So waren meine Farbcodes durchweg grün, Wiebkes wechselten wiederum von grün zu rot zu orange und erst einen Tag verspätet zum ersehnten grün zurück.
Als wir dann das Hotel baten unsere Sachen abzuholen um in den normalen Bereich des Hotels umzuziehen, wurde nur sinngemäß mitgeteilt, dass unsere regulären Zimmer nun anderweitig vergeben wurden und wir bitte woanders reservieren sollen -WTF?! Wohlgemerkt alles im Gruppenchat mit den anderen 91 Reisenden und den lokalen Organisatoren. Auf meine Nachfrage, ob es sich um einen guten Witz mit sehr schlechtem Timing handeln würde, kam dann eine private Nachricht mit mehr Infos: das gesamte Hotel wurde über Nacht (wortwörtlich) von der Regierung als offizielles Quarantäne-Hotel akquiriert und sowieso würden sie uns empfehlen aus diesem Stadtteil zu verschwinden, da sonst unser Code wegen einiger lokaler Corona-Fälle wieder auf orange/rot umspringen würde -was unsere Weiterreise nach Peking um mindestens 7 Tage oder im schlimmsten Fall um die Zeit eines etwaigen Lockdowns verzögert hätte 🤯! Kurz sacken lassen, Hotel buchen, Taxi organisieren, Rückfrage mit Wiebkes Büro in Peking halten … warten … Schutzkleidung anlegen, check-out, Schutzkleidung ablegen, Taxifahrt, neues Hotel in der City -alle Codes weiterhin GRÜN 🥳🥳🥳🥳🥳🥳. Nur der Flug, der ist mittlerweile dann doch noch gecancelt worden und wir haben uns ein Zugticket gebucht- auch das ist nicht selbstverständlich, die grünen Gesundheits-Codes werden schon bei der Buchung überprüft.
Auch weiterhin sind wir „grün“ und freuen uns jetzt auf die Bahnfahrt am Sonntag. Einigen Mitreisenden erging es da anders. Die wurden in ihren neuen Hotels von offizieller Seite gebeten, das Zimmer (auf unbestimmte Zeit) nicht zu verlassen.
Beitrag erstellt in:
😆🤣😆abgefahren!
Schön dass ihr draußen seid. Wünsche weiterhin eine spannende Zeit.
Danke 😁 Das war insbesondere für den Kopf ein Stresstest!
Konichiwa ihr beiden. Das beste ist natürlich, das wir jetzt endlich wissen , wo r2d2 ist 🤣🤣🤣🤣alleine das wäre ein Grund zu bleiben.Schön, dass so viel passiert ist in den letzten Tagen, soo aufregend. Aber mit Happy End. Das Gefühl der „Freiheit“ war sicher sehr schön Ihr seht immer noch schön rosig aus und habt ein Lächeln. Der Bar Besuch, meeeega , ihr seit Helden. Und nicht im Gefängnis gelandet, Gratisgetränk, Tschaka!!!!!!! Ich hoffe eure App flackert Sonntag nicht in allen Farben.🙈und die Zugreise kann begingen. Mal sehen was das für ein Erlebnis wird. Gute Fahrt und immer viele Fotos machen. Ist sowieso besser als fliegen , da man schön viel sieht.
Ganz genau! Wir wollten ursprünglich eh mit der Bahn los wegen Aussicht usw.. Also passt das ganz gut. Ich freu mich schon! Vielleicht treffen wir ja C3-PO!! 😜
Ich drücke euch gaaaaaaaanz doll die Daumen, dass ihr Sonntag in Peking landet und ihr grün bleibt. Die Kollegen und das neue Heim mal zu treffen und zu beziehen hat ja auch mit Ankommen und Wohlfühlen zu tun. Aber das Abendteuer bis jetzt ist natürlich auch spannend!!
Danke, Martina, es ist ganz genauso ☺️. Schön von dir hier zu lesen!
Super spannend. Wie ein guter Tatort. Im Nachhinein kann man immer drüber lachen.
Auf jeden Fall! Jetzt, ein paar Wochen später, muss man wirklich sagen, dass alles ziemlich reibungslos funktioniert hat…