Es regnet. Das kenne ich irgendwie schon von meinem letzten Besuch hier. Jetzt klinge ich schon wie diese Hamburg-Urlauber, die jammern, dort würde es immerzu regnen… 😆. Gegen 13 Uhr soll mit dem Regen Schluss sein. So ungefähr stimmt das auch, aber es bleibt stark bewölkt, und die Straßen– besonders in den bergigen, südlich von Lanzhou liegenden Regionen– sind nass.
Wir sind unschlüssig, ob wir heute wenigstens ein Stück fahren, so weit es eben geht, oder ob wir eine weitere Nacht in der Stadt abwettern. Max ist das egal– er wartet auf die Lieferung seiner wasserdichten, warmen Motorradhandschuhe. Kenn ich auch … 🙄.
Während wir also in dem kleinen Café sitzen und über die Karten-Apps dieser Welt brüten, verrät ein flüchtiger Blick auf die Straße, dass diese zumindest vor dem Lokal langsam abtrocknet. Wir beschließen spontan, zu packen und loszufahren. Mit Max verabreden wir einen Treffpunkt an einem See in der Nähe.
Unsere Route führt uns zuerst steil den Berg bei Lanzhou hinauf– kurz: Lanshan. Schöne, wolken- und nebelverhangene Landschaft, aber eingeschränkte Aussicht. Oben geht es weiter Richtung Süden. Die Bundesstraße, die wir nehmen, ist ein komplettes Schlagloch- und Schlammfeld. Mein beim Mechaniker frisch gewaschenes Motorrad sieht schnell wieder aus wie vorher.
Irgendwann, in der Nähe unseres Treffpunkts, muss ich über eine Hinweistafel für Touristen schmunzeln– merke aber erst einen Moment später: Wir sind an dem See, wo Wiebke und ich vor drei Wochen unseren „Jurassic-Park-Moment“ (https://www.idylligkeit.de/notizen/archive/22312) hatten.
Max hat glücklicherweise einen Campingplatz direkt am See aufgetrieben, sodass wir– schon im Dunkeln– bei einem Ankerbierchen unser Lager aufbauen können. Ich muss in einer schnellen Aktion mein Zelt noch einmal um einige Meter versetzen, weil ich es geschafft habe, einen Platz in unmittelbarer Nähe zur Sickergrube zu erwischen. So wie es stinkt, gibt es vermutlich nicht einmal eine 💩.














Die Nacht ist ruhig, und als Wecker dienen die viel zu früh und in der Ferne krakeelenden Hähne. Der Ausstieg aus dem Zelt gleicht einer kalten Dusche– das Außenzelt ist von beiden Seiten nass, wie mit einem Schlauch abgespült. Am Motorrad sieht es genauso aus. Gut, dass alle Taschen wasserdicht verschließbar sind. Ursache scheint die Nähe zum See und die ohnehin hohe Luftfeuchtigkeit zu sein.
Alle drei wollen wir nach Gannan. Das ist eine Region in der Provinz Gansu, die dem Hörensagen nach vor einigen Jahren zur besten Reisedestination Chinas gewählt wurde. Unser Plan ist, dort ein Lager einzurichten und dann tägliche kleine Touren in die Berge und Wälder der Region zu machen.
Der eigentlich als Zwischenstopp gedachte kleine Ort Hezuo stellt sich als tolle Basis für die Region heraus. Einen Campingplatz finden wir auch! Eigentlich ist der Platz schon für den Winter geschlossen– die Klos hat man wohl auch lange nicht mehr gereinigt. Doch als wir mit dem supernetten Besitzer ins Gespräch kommen, lädt er uns in sein „Wohnzimmer-/Zelt“ ein. Wir sollen auch einfach die saubere Toilette dort benutzen.
Weil ein Sturm mit Hagel und Regen aufzuziehen scheint, dürfen wir kurzerhand eines der großen Zelte für Reisegruppen nutzen. Wir stellen die Möbel um und bauen unsere Zelte gut vor dem Wetter geschützt darin auf. Richtige Entscheidung– in dieser Nacht sinkt die Temperatur auf nur drei Grad.

















Heute geht es rund – jeder darf sein Motorrad ein- oder mehrmals aus der Horizontalen aufrichten, und am Abend wird es bunt, laut und ein wenig kurios.
Nach einem Kaffee in der morgendlichen Kälte fahren wir für ein warmes Frühstück in die Stadt. Es gibt Nudelsuppen mit Rindfleisch und kräftiger Brühe (牛肉面). Für die Extraportion Energie legen wir jeder noch zwei gekochte Eier in die Suppe– einfach nur gut! Gestärkt und motiviert wollen wir heute die in dieser Region wirklich schöne, hügelige Steppenlandschaft erkunden.
Wir finden tolle Wege durch die Steppe und auf die gar nicht mal so kleinen umliegenden Berge. Der Tag wird grandios.
Über den Tag verteilt sammeln wir heute alle drei einige Missgeschicke ein. Hier mal als Liste in zeitlicher Reihenfolge:
- Die Verschlüsse der beiden vorderen Tanks an meinem Motorrad scheinen undicht zu sein, die ganze Zeit drückt Benzin heraus. Ich löse deshalb den Deckel des hinteren Tanks, um Druck abzulassen. Später fahre ich los – und merke es zu spät: Der Deckel ist weg!! Ich sitze mitten im Benzin-Sud. Feuergefahr besteht zum Glück keine. Wir suchen alle zusammen nach dem kleinen Teil auf der hügeligen Wiese. Ich bin immerhin ein paar hundert Meter gefahren… Clemens findet den Deckel letztendlich!!
- Clemens’ Frage, wie man eine Power-Wende (nennen wir das jetzt mal so) macht, geht mir nicht aus dem Kopf. Und bei der Hunde-Verfolgung neulich klappte das ja wie im Bilderbuch. Also führe ich vor. Nuancen muss ich allerdings falsch gemacht haben: Das Motorrad dreht sich zwar, steht aber einiges zu weit von mir entfernt. Langsam, sehr langsam sehe ich ein, dass ich es nicht mehr halten kann – und lege es hin 😆. Wieder mal: from Hero to Zero.
- Am Berg wollen wir alle einen mit Gras bewachsenen kleinen Hügel hinauf. Die Wiese mit ihren kleinen Büschen stellt sich allerdings als schlimme Buckelpiste heraus – und der letzte Teil hinauf ist überraschend steil. Ich quäle mein Motorrad nach oben und beobachte Clemens und Max bei ihren Versuchen, die Wiese zu überqueren und den Hügel zu erklimmen. Beide fahren beherzt und ambitioniert über die Buckel. Max bricht den Kletterversuch irgendwann ab und macht stattdessen Selfies. Clemens zieht stark durch, wählt allerdings eine zu steile Linie. Sein Hinterreifen schafft es nicht, die überbordende Leistung seines Motors im Gras zu verankern. Nach dem Abbruch rollt er einige Meter zurück– und gönnt dem liegenden Motorrad erst mal einen Moment der Ruhe.
- Wir stehen vor der Wahl: links- oder rechtsherum fahren. Alle drei sind wir uns einig, einfach geradeaus über die Wiese abzukürzen. Ich starte allerdings auf dem falschen Fuß und lege das Motorrad quasi im Stand auf die Seite. Dabei stolpere ich – und kann die Situation nur noch mit einem Purzelbaum retten.
- Die besagte Wiese, die wir überqueren wollen, endet vor einem mehr oder weniger trockenen Bachlauf. Ich fahre vorweg und durch den Bach. Doch die Wiese dahinter ist extrem nass und durchsetzt mit großen, wassergefüllten Löchern– wie tief das Wasser dort steht, ist völlig unklar. Ich muss wirklich aufpassen, als ich mich durch die vielen Wasserlöcher schlängele. Langsamer werden kann ich dabei auch nicht– sonst würde ich mich im nassen Gras festfahren. Vor dem nächsten Bach stoppe ich. Der ist tiefer und breiter. Meine Überlegungen, ob wir da alle drei durchfahren können, unterbricht Clemens über den Helmfunk. Irgendetwas hat Max erwischt– also, er hat etwas erwischt, nicht umgekehrt. Ein Blick zurück verrät: Es handelt sich um das erste Wasserloch. Zum Glück ist es nur das Knie – und nicht der Kopf!
- Nach der Bergung von Max samt Maschine wollen wir zurück zur Straße. Clemens versenkt dabei sein Vorderrad im Eingang eines Murmeltierbaus. Die Tiere sind hier so groß und dick, dass auch der Eingang zu einem gigantischen Loch wird. Das Ganze ist kein Spaß– zum Glück fährt er nicht schnell. Trotzdem gibt es durch den Helm eine ordentliche Beule auf der Stirn. Glück gehabt.
Wir kommen heile und sicher im Camp an. Ich freue mich auf einen ruhigen Abend. Daraus wird leider nichts. Der Besitzer des Campingplatzes lädt uns ein, mit ihm gemeinsam zur Eröffnung der tibetischen Bar seines Freundes zu fahren.
Wir werden Zeugen– und Teilnehmer– eines quasi rituellen Besäufnisses. Im Rahmen der Eröffnung werden tibetische Tänze von einem 30-köpfigen Ensemble aufgeführt. Alle kommen nacheinander in kleinen Gruppen an den Tisch, stellen sich vor und trinken ein kleines Glas Bier mit uns. Man möchte für die spätere Vorführung möglichst präsent sein.
Die Gäste können weiße Schals kaufen und den Tanzenden als besondere Anerkennung überreichen– den Preis des Schals bestimmt der Gast. Ab 100 RMB geht es los, nach oben offen. Getanzt wird zu ohrenbetäubend lauten Beats. Irgendwann verduften wir …








































On the Road | So., 21.09. | Mo., 22.09. | Di., 23.09. |
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Strecke | 168 km (blau) | 329 km (gelb) | 211 km (grün) |
Zeit insgesamt | |||
Zeit in Bewegung | 4 h 18 min | 5 h 39 min | 5 h 34 min |
Ø-Geschwindigkeit | 39 km/h | 58 km/h | 37 km/h |
Höhenmeter bergauf | 3.062 m | 3.853 m | 3.781 m |
Höhenmeter bergab | 2.861 m | 2.611 m | 3.781 m |
Höchster Punkt | 2.767 m | 3.042 m | 3.607 m |
Tiefster Punkt | 1.519 m | 1.640 m | 2.699 m |
Höhenprofil | Höhenprofil | Höhenprofil |
Stationen in der Region
Wunderschöne Bilder, mega Gegend und mal wieder mehr Glück als Verstand. Ich schick noch ein wenig 🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀😘, soll ja noch ein paar Tage weiter so gehen.
Danke Dir 😊